Repertoire
In unserer Familie wurde schon immer viel gesungen und musiziert, daher war ich nach meiner Ausbildung auf der Suche nach einer Freizeitaktivität, die mit Musik zu tun haben sollte.
Die Tanzgruppe der Siebenbürger Sachsen Nürnberg hatte ich bereits bei mehreren Auftritten in Nürnberg gesehen. Den positiven Eindruck, den sie bei mir hinterlassen hatte, veranlasste mich schließlich dazu, den Kontakt zu der damaligen Tanzleiterin Inge Alzner aufzunehmen. So kam es, dass ich im April 1992 Mitglied dieser Gruppe wurde.
Das Tanzen bereitete mir viel Spaß, ich lernte gleichzeitig viele neue Leute kennen und man freute sich auf jede Probe sowie jeden Auftritt. Mit vielen der damaligen Mitglieder bin ich bis heute befreundet und es ist immer wieder schön, wenn man sich trifft und über vergangene Zeiten plaudern kann.
Vier Jahre später wurde ich zur stellvertretenden Tanzleiterin gewählt. Ich konnte mir damals nicht vorstellen, als Leiterin tätig zu sein. Ich wollte lieber tanzen, als „leiten“. Tja, wie sagt man aber so schön? Mitgehangen, mitgefangen!
Ab diesem Zeitpunkt besuchte ich jährlich Tanzseminare der SJD sowie DJO und je mehr ich mich mit Tanzen befasste, umso mehr machte das Erlernen neuer Volkstänze, aber auch das Weitergeben dieser Spaß.
Ich sammelte Tanzbeschreibungen oder legte von unseren Tänzen welche an. Auch Videoaufnahmen von Auftritten verschiedener Tanzgruppen, Veranstaltungen sowie Volkstanzwettbewerben wurden gesammelt und archiviert. Das Interesse an der Herkunft Siebenbürgen, Trachten sowie der Landsmannschaft wuchs im Laufe der Zeit zunehmend.
Im Jahre 1998 entschloss sich unsere damalige Tanzleiterin Inge Alzner ihr Amt in jüngere Hände zu übergeben, gleichzeitig wollte sie sich mehr um ihre Familie kümmern sowie sich der Leitung der Kindertanzgruppe voll und ganz widmen.
So war es damals selbstverständlich, dass die stellvertretende Tanzleiterin in die Fußstapfen der Tanzleiterin trat.
Von Mitte bis Ende der 90er Jahre war unsere Tanzgruppe sehr aktiv. Sie nahm an vielen, unterschiedlichen kulturellen Veranstaltungen im Raum Nürnberg, aber auch außerhalb unserer Region teil.
Zu dem Zeitpunkt wurden hauptsächlich siebenbürgische, überlieferte Volkstänze getanzt, wie z. B. „Rosenstock“ oder „Siebenschritt“ (eine Folge von aneinander gereihten siebenbürgisch-sächsischen Volkstänzen, u. a.: „Siebenbürgischer Siebenschritt“, der „Botscher“, „Jungsächsisch“ u. v. a.), also Tänze, welche die Gründungsmitglieder der Tanzgruppe und ihre damalige Tanzleiterin Katharina Csellner aus dem Nösnerland mitgebracht hatten.
Man tanzte auch siebenbürgische und deutsche Tänze aus dem Buch „Deutsche Volkstänze, die man in Siebenbürgen tanzte und zum Teil noch tanzt“ von Marie-Luise Schuster, wie beispielsweise das „Menuett“, den „Ländler“, das „Mühlradl“, den „Neppendorfer“, den „Kronentanz“, den „Aufmarsch“, den „Rheinländer“ sowie die „Drehpolka“. Diese Tänze wurden zum Teil von der Tanzleitung für Tanzdarbietungen aufbereitet.
Bei Volkstanzseminaren erlernte man weitere Volkstänze aus dem deutschsprachigen Raum, wie z. B. die „Russenpolka“. Diesen Tanz brachte uns die damalige befreundete Tanzgruppe der Sudetendeutschen aus Lauf bei.
Im Jahr 1996 beteiligten sich mehrere Tanzgruppenmitglieder bei einem Seminar in Untermaßfeld und man lernte deutsch-ungarische Volkstänze.
Seit der ersten Teilnahme am Volkstanzwettbewerb der SJD in Würzburg 1992, beteiligte sich die Tanzgruppe auch in den Folgejahren nahezu jährlich an dieser Veranstaltung.
Die mitwirkenden Tanzgruppen führten oft die gleichen Volkstänze auf und so entwickelte sich die Idee, einen eigenen, selber choreographierten Volkstanz ins Leben zu rufen.
Gesagt, getan: 1996 entstand der erste von mir zusammengestellte Volkstanz, ein „Siebenbürgisch-schwäbisches Tanzpotpourri“, ein Medley aus deutsch-ungarischen Volkstänzen, die wir auf dem Volkstanzseminar in Untermaßfeld gelernt hatten. Hier wurden Tänze wie „Schlupfpolka“, „Florischitta“ und „Hopsa Schwabenliesl“ zusammengefasst.
Zwei Jahre später folgte der „Kettlinger“. Hierzu diente uns als Vorlage eine Video-Aufnahme von einem Auftritt der Hermannstädter Tanzgruppe, die 1997 in Deutschland auf Tournee war. U. a. tanzten sie auch den „Hepplinger Bandritter“. Wir übernahmen das Gerüst des Tanzes und steuerten weitere Volkstanzfiguren und ‑schritte, beispielsweise die Propeller-Figur, bei. Da wir mit einer „Kette“ zum Tanz einmarschierten, nannten wir den neuen Tanz, „Kettlinger“.
Im Zeitraum von 1998 bis 2005 wurde ich beim Zusammenstellen der Tanzfiguren von Bettina Langer unterstützt, die gleichzeitig auch stellvertretende Tanzleiterin war.
Die Tanzgruppe Nürnberg hatte das Glück, bei den Proben und Auftritten von einem Akkordeonspieler begleitet zu werden. Somit mussten mit jedem neuen Tanz auch Noten für unseren Musikus geschrieben werden.
Das war manchmal nicht ganz einfach, wenn man nur ein Video oder eine CD als Vorlage hatte. Ich spielte die Tänze auf dem Akkordeon nach und schrieb parallel die Noten auf – manchmal dauerte dieser Part recht lange – man war doch nur eine Hobbymusikerin und kein Profi.
Um den neuen Tanz der Gruppe beizubringen, musste zusätzlich auch eine Tanzbeschreibung angelegt werden, welche das Ganze doch um einiges vereinfachte. Danach erfolgte das Erlernen des Tanzes in den Proben.
Manchmal klappte dieses auf Anhieb, manchmal jedoch auch nicht. Wir stellten fest, dass die ausgedachten Figuren bzw. Schrittfolgen doch nicht zusammenpassten oder es von den Takten nicht aufging. Somit musste erneut „gebastelt“ und der Tanz umgeändert werden.
In den folgenden Jahren entstanden weitere Tänze: 1999 der „Sternreigen“, 2001 der „Figurenwalzer“, 2002 der „Weißenbachmarsch“, 2003 der „Polkaschwung“, 2004 die „Toifl Polka“, 2005 die „Glücksschmiedpolka“ sowie 2010 die „Hansi Polka“.
Das Rezept war immer das Gleiche – ich suchte nach einer schönen, eingängigen, meistens flotten Melodie, die ich zum Teil am Computer für das Tanzen vorbereitete, schrieb die Noten dazu, wir choreographierten den Tanz, ich legte eine Tanzbeschreibung an und wir brachten den Tanz unserer Gruppe bei.
Unsere Tänze fanden auch beim Publikum hohen Anklang und bescherten uns bei den SJD-Volkstanzwettbewerben meistens Platzierungen auf den vorderen Rängen.
Auch wenn es manchmal in der Gruppe hieß: „Was ist das für ein komischer Tanz?“ Gemeint war in dem Fall der „Weißenbachmarsch“, muss man hierzu sagen, dass dieser aus heutiger Sicht einen unserer gelungensten Tänze darstellt und zugleich unser Lieblingstanz ist.
Nun macht das Choreographieren von neuen Volkstänzen viel Spaß, es ist aber gleichzeitig auch mit sehr viel Zeitaufwand und Arbeit verbunden.
Zu unserem Repertoire zählen mittlerweile sowohl viele siebenbürgische Volkstänze als auch Tänze aus dem deutsch-sprachigem Raum wie „Neppendorfer Ländler“, „Ländler aus Großau“,„Nagelschmied“, „Marschkonter“, der „Seppl“, „Schaulustig“, „Wolgaster“, die „Maike“, die „Walzquadrille“, „Hosteiner Dreitour“, die „Neue Spindel“, „Sudetendeutsche Tanzfolge“, „Siebenbürgisch-sächsische Tanzfolge“ sowie die „Jenny Lint Polka“.
Ende der 90er Jahre gewann eine Tanzrichtung zunehmend an Beliebtheit, nämlich der Line Dance. Dieser wurde in unserer Gruppe gerne bei Partys oder Geburtstagsfeiern getanzt.
Parallel zum Volkstanz wirkte ich vier Jahre lang in einer Line Dance-Gruppe mit. Es ergab sich von selbst, dass zunehmend mehr Mitglieder der Tanzgruppe diese Tänze lernten und mittanzten.
Im Jahre 2001 entschlossen wir uns, mit einem Faschingsprogramm aufzutreten. Dieses beinhaltete ein Line Dance-Medley und die Showeinlage „Anton & Antonias“. Ab diesem Zeitpunkt studierten wir jedes Jahr neue Line Dance-Tänze ein und überlegten uns für die Narrenzeit eine besondere Einlage. Nicht zuletzt mussten unsere Tänzer für den lustigen Part einspringen und so entstanden Showeinlagen wie der „Hula Tanz“, „Männerballett“, „Männer-Cancan“, „Mariachi“ oder „Männerbauchtanz“.
Bis einschließlich 2008 gehörten der Line Dance und die Showeinlagen fest zu unserem Tanzprogramm und wurden bei mehreren Faschingsbällen des Kreisverbandes Nürnberg, in der Region und auch außerhalb aufgeführt.
Die Liebe zum Line Dance – die vielfältigen, manchmal akrobatischen Schrittfolgen auf flotten Country-Rhythmen – ist in unserer Gruppe bis heute geblieben.
Als Folge davon organisierte die Tanzgruppe 2004 ihr erstes Country-Seminar. In Eigenregie folgten dann 2010 und 2014 weitere Seminare. Als Referentin fungierte ich 2013 und 2016 bei den Line Dance-Seminaren des Jugendreferates Nürnberg.
Bei unseren Mitgliedern, vor allem bei den ganz jungen Tänzerinnen und Tänzern, ist diese Tanzrichtung sehr beliebt und wird mit viel Spaß bei jeder sich bietenden Gelegenheit, wie Weihnachtsfeiern oder Freizeitwochenenden, getanzt.
Das Line Dance-Fieber griff sogar weiter um sich. Die erlernten Tänze an den Seminaren wurden zeitnah bei Veranstaltungen wie dem Open Air am Kuhweiher, Kathreinenbällen des Kreisverbandes oder dem Johannisball des Jugendreferates Nürnberg aufgeführt.
Ganz besonders freut es mich, dass bei den Tänzern immer wieder auch Mitglieder der Siebenbürgischen Jugendtanzgruppen Nürnberg und Herzogenaurach mit dabei sind. Mittlerweile bereitet er allen genauso viel Spaß wie mir.
Unabhängig von Volkstanz oder Line Dance, einen besonderen Wert lege ich in den Proben immer auf die Ausführung der Schrittfolgen und der Tanzfiguren. Diese sollen sauber, korrekt und synchron im Takt mit der Musik getanzt werden. Nicht zu vergessen ist die Ausstrahlung der Tänzerinnen und Tänzer während eines Auftrittes, die nicht zuletzt aus dem eigenen Spaß am Tanzen heraus resultiert. Ein angenehmes und freundliches Erscheinungsbild, aber auch das korrekte Tragen der Tracht ist das i‑Tüpfelchen einer jeden Darbietung.
Nach einem gelungenen Auftritt, wenn das Publikum begeistert applaudiert und man merkt, dass das, was man gerade dargeboten hat, den Leuten gefallen hat, wenn man in die lachenden Gesichter der Tänzer und der Gäste blickt – das ist für mich ein ganz besonderer Moment. Es ist ein schönes Gefühl, weil man in dem Augenblick realisiert und bestätigt bekommt, dass der Auftritt ein Erfolg war, welcher nur gemeinsam mit allen Tänzern der Gruppe möglich und erreicht werden kann.
Für die kommenden Jahre wünsche ich unserer Tanzgruppe alles erdenklich Gute, viele neue Mitglieder sowie schöne, außergewöhnliche Tanzauftritte. Nur der kontinuierliche Nachwuchs kann garantieren, dass wir auch weiterhin die Bräuche, Volkstänze und Trachten unserer siebenbürgischen Gemeinschaft pflegen und an nachfolgende Generationen weitergeben können.
Zudem wäre es schön, wenn wir auch in Zukunft innerhalb als auch außerhalb der Tanzgruppe unsere Gemeinschaft und Freundschaft pflegen.
In diesem Sinne: „Es lebe die Freundschaft“.
Roswitha Bartel, Tanzleitung